Stefan Schöttler und DGP-Vorstandsmitglied Dirk Wingertzahn am 8. Mai 2025 bei einem Auftritt Stefans

Stefan Schöttler

DGP: Stefan, du bist jetzt offiziell Botschafter für die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin. Wie kam’s – und warum gerade dieses Thema?

Stefan Schöttler: Ich habe meinen Vater palliativ vor 13 Jahren begleitet und musste leider feststellen, dass wir ihm nicht immer dabei helfen konnten, seine Schmerzen zu lindern. Vor zwei Jahren starb mein bester Freund. Er wurde ausgezeichnet begleitet und konnte bis zu seinem letzten Tag ein wenig lächeln. Der Weg dorthin war menschenwürdig. Gleichzeitig wurde er nicht nur medizinisch begleitet. Er wurde in allem begleitet was es noch zu klären gab. Dabei konnte er noch verschriftlichen, was er den Menschen, die er geliebt hat, noch sagen und mitgeben wollte. Ich hab einen Bierdeckel bekommen, den ich noch bezahlen durfte.

DGP: Palliativversorgung und Comedy – das klingt auf den ersten Blick nicht gerade nach einer klassischen Kombi. Was reizt dich an genau dieser Verbindung?

Stefan: Für mich ist gerade diese Kombi ein absoluter Volltreffer. Es gibt so viel Comedy, die sich nur mit Oberflächlichkeiten beschäftigt. Ich finde, man sollte auf die Bühne gehen, wenn man etwas zu sagen hat, etwas auslösen und seinem Publikum einen anderen Blickwinkel präsentieren möchte. Deswegen will ich auf die Bühne gehen, um darüber zu sprechen, was zum Leben dazu gehört, und dass es guttut, darüber zu reden. Ich erzähle meine Lebensgeschichte auf der Bühne. Für mich ist es ein aktives Verarbeiten, und das Publikum lacht mit mir gemeinsam über meine Krebserfahrung. Lachen ist gesund, also ist es praktisch eine Win-Win-Situation.

DGP: Gab’s einen Moment in deinem Leben, der dich für das Thema besonders sensibilisiert hat?

Stefan: Ich durfte mich schon als Kind sehr früh mit dem Tod auseinandersetzen. Meine Mutter war 35 Jahre Krankenschwester auf der Intensivstation in einer kleinen Stadt im Ruhrgebiet und kannte viele der Patientinnen und Patienten privat. Und schließlich bin ich selbst erkrankt. Es gab also keinen direkten Auslöser, aber die Pflege meines Vaters und die Begleitung meines besten Freundes gaben letztendlich dann doch den Anstoß, endlich etwas zu tun.

DGP: Wie baust du das Thema Palliativversorgung in deine Auftritte ein – und wie reagiert dein Publikum darauf?

Stefan: Ich leite das Thema erst über meine Erkrankung mit Hodenkrebs ein. Sobald ich das Wort ausspreche, geht die Stimmung runter. Dann erzähle ich humoristisch von meinen Erfahrungen, und die Leute wissen nicht so richtig, ob sie lachen dürfen oder nicht. Der Großteil versteht irgendwann, was ich wirklich sagen will. Dann gehe ich zum Schluss auf meinen Vater und unser letztes Gespräch an seinem Sterbebett ein, mit sehr viel Gefühl, ohne Gags und das Publikum versteht sehr gut, was ich sage und meine.

DGP: Viele verbinden Palliativmedizin mit etwas Schwerem. Du bringst Humor rein – warum ist das gerade in diesem Bereich wichtig?

Stefan: Sterbende haben unglaublich viel Humor. Ich glaube, dass es das Ventil ist, was sie noch am Leben teilhaben lässt. Eine Entspannung, eine Entkrampfung und der Zugang zur Gewissheit, dass sie noch da sind. Oft ist der Humor auch dafür da, den Angehörigen die Schwere zu nehmen. Jede Komödie ist eine Tragödie, nur mit mehr Zeit.

DGP: Was wünschst du dir persönlich von dieser Zusammenarbeit – und was sollen die Menschen mitnehmen, wenn du von der Bühne gehst?

Stefan: Ich möchte, dass unsere Zusammenarbeit eine Inspiration für Menschen ist, sich ehrenamtlich zu engagieren. Wir leben in einer Welt, die gefühlt immer egoistischer wird. Das Ehrenamt und die Gemeinschaft können Leitlinien sein. Wenn es uns gemeinsam gelingt, dass nur ein paar mehr Menschen sich engagieren, haben wir zumindest ein wenig mehr Wärme und Liebe in unsere Welt gebracht. Vielleicht ist der letzte Satz ein bisschen viel, aber es ist das, was ich fühle und was mich motiviert. Herbert Grönemeyer hat mal gesungen: „Ein Stück vom Himmel, ein Platz vor Gott, wir sitzen alle in einem Boot!“ Es ist halt die Frage, wie viele von uns rudern. Ich freue mich sehr auf das gemeinsame Rudern!

DGP: Vielen Dank für den tiefen Einblick, Stefan!

 

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